Sonntag, 14. Januar 2024

Priester Clemens Grünebach, altkatholische Kirche

"Ich wechsle nur das Bistum.
Mein Weg aus der römisch-katholischen in die altkatholische Kirche"

C. Grünebach schreibt: "Seit Langem bin ich der Überzeugung, dass sich die römisch-katholische Kirche grundlegend erneuern muss, um wieder neu Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu erlangen. Die Trierer Synode hat daher beschlossen, dass sich die kirchlichen Strukturen so grundlegend verändern müssen, dass die vier Perspektivwechsel wirklich zum Tragen kommen. Dass gute Strukturen hilfreich für die pastorale Arbeit sind, dysfunktionale Strukturen sie aber auch massiv behindern, ist an vielen Orten sichtbar.

Ich bin davon überzeugt: Gute Strukturen sind nie nur Nebensache, sondern sie bilden die sichtbare Seite der Botschaft, die wir verkünden möchten und sollen. Das Christentum ist nicht nur eine Idee oder ein Inhalt, sondern muss sich im Hier und Heute konkretisieren und inkarnieren, um wirksam zu werden. 

Die Umsetzung der Synode nahm im Jahr 2019 deutlich Fahrt auf, bis zu jenem Tag, der in meinem Leben einen tiefen Einschnitt markiert hat. 

Als am 21.11.2019 die Kleruskongregation die Umsetzung der Synode aussetzte und die Trierer Pläne im Sommer 2020 endgültig begraben werden mussten, ist in mir etwas zerbrochen. Dass der römische Arm bis nach Trier reicht, um eine Pfarreienreform in einem Bistum zu stoppen, hatte ich nicht für möglich gehalten. Ich musste mich jedoch eines Besseren belehren lassen. 

Der Verlauf des Synodalen Weges, mit den immer gleichen Argumentationsmustern der konservativen Bischofsfraktion, den vorhersehbaren tiefen Enttäuschungen der großen Mehrheit der Synodalen und den mit Ihnen verbundenen Reformgruppen, bestärkt mich in meiner Entscheidung.

Dass aus Rom keine Gesprächsangebote kommen (schon gar nicht auf Augenhöhe), dass Papst Franziskus nicht wirklich eine an die Wurzeln des Problems herangehende Reform will und dass die römischen Stoppschilder in immer grelleren Farben leuchten, zeigt mir, dass man nicht an die strukturellen Ursachen herangeht, sondern Business „as usual“ betreibt und die Krise aussitzen will.

Henry Ford wird der Apell: „Love it, leave it or change it“ (soviel wie: Liebe es, verlasse es oder ändere es!) zugeschrieben. Ich konnte die Kirche nicht ändern, ich kann den Zustand nicht annehmen, also musste ich die römische Kirche verlassen.

Seit ich nun im katholischen Bistum der Alt-Katholiken als Geistlicher arbeite, kann ich wieder wirksam meinen Glauben und mein Priestersein leben. Auch hier menschelt es (wie sollte es auch anders sein), aber es gibt keine Tabus, keine strukturelle Diskriminierung (z.B. von Frauen), keine Überhöhung des Amtes und eine Begrenzung von Macht. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen und auch darauf, Ihnen mehr von dieser kleinen aber charmanten katholischen Kirche, zu der ich jetzt gehöre, zu erzählen.

Clemens Grünebach geb. 1969 in Herdorf; 1990 bis 1996 Studium der Theologie in Trier und Rom; Kaplan in Koblenz, Bad Kreuznach und Losheim am See. Seit 2003 Pfarrer und Dechant im Hochwald (Rund um Hermeskeil). Mitglied der Trierer Synode und für einige Jahre Moderator des Priesterrates. 2019 Sabbatzeit als Verkäufer in einer Bäckerei und einem Flüchtlingsprojekt in Essen. Seit 2020 tätig in Saarbrücken, seit 2022 als Mitglied im Leitungsteam. Seit 1.3.2023 Geistlicher für die alt-katholischen Gemeinden Düsseldorf und Aachen.

Es gibt einen kleinen Film über seinen Werdegang anhand eines Bildes, das er gemalt hat. 

2024 01 14 Gruenebach